AMBER BENSON
 
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Portrait
Interview
 

Ghosts of Albion/Astray Amber Benson, Christopher Golden
Dieses kleine Buch ist ein Ableger des "Ghosts of Albion"-Animationsprojekts für die BBC, das AB zusammen mit dem Fantasy- und Horrorschriftsteller Christopher Golden angefangen hat – mehr darüber bei www.bbc.co.uk. Man muß allerdings keine einzige Folge dieser Serie kennen, um etwas mit "Astray" anfangen zu können, weil das Buch eine durchaus in sich abgeschlossene frühmoderne Märchenerzählung ist. Sie spielt im viktorianischen England und handelt von zwei Geschwistern, William und Tamara Swift, die aus einer angesehenen Familie stammen und so was wie mystische Beschützer des Empire sind. Sie müssen hier einen Fall von mehrfacher Kindesentführung durch unsichtbare Wasauchimmers in einer der rustikaleren Gegenden der verzauberten Insel lösen.

Das Buch versammelt auf 90 Seiten einiges an Schönheiten: Die Textur eines duftig reichhaltigen historischen Hintergrunds (zum Teil leicht angestaubt, Giles müßte so was lieben), das Ambiente früher Krimis (man denke an Arthur Conan Doyle oder sogar Charles Dickens’ nie fertiggestelltes "Geheimnis des Edwin Drood"), Gastauftritte der Geister des Admirals Nelson und des Dichters Lord Byron, gelegentliche anachronistische Blitzdialoge im lustigen Fernsehformat, magische Eheberatung, Wechselbälger, echte Feen, die Wilde Jagd, tiefe dunkle Wälder und eine nackte Barbarenkönigin, von der Lucy Lawless noch was lernen könnte.

Das ganze liest sich blitzschnell runter und vermittelt die Empfindung einer völlig plausiblen Welt. Wer außerdem Zeit und Verstand für so was übrig hat, mag es lohnend finden, den Versuch zu unternehmen, rauszufinden, welche Teile des Ganzen von AB und welche von Christopher Golden stammen. Ich persönlich hatte den Eindruck, das der starke Sinn für Stammbaum und Familie, den die Heldin und der Held demonstrieren, viel mit der Art zu tun hat, wie AB die Welt sieht, während mich einige der beeindruckenden Beschreibungen (man könnte sie auch "Kulissen" nennen) eher an Sachen von Golden erinnert haben, die ich gelesen habe. Abgesehen davon, daß es Spaß macht, das Ding zu lesen und es für Fans von AB sowieso ein Sammlerstück darstellt (es ist das erste Buch mit ihrem Namen in der Autorenzeile und wird wahrscheinlich nicht das letzte sein), muß man auch die Ausgabe als solche loben, nicht nur wegen des halben Dutzends unzeitgemäß-zeitgemäßer Illustrationen von José R. Nieto, der das Bändchen auch gestaltet hat, sondern auch der Bindung und Gesamtverarbeitung wegen – noch so ein schönes Buch vom emsigen Kleinverlag Subterranean Press (www.subterraneanpress.com, ich habe inzwischen einige davon in der Hand gehalten und besitze ihre feine Ausgabe der Erzählung "Aztechs" des unnachahmlichen Lucius Shepard; diese Leute haben mehrfach Geschmack sowohl bei der Auswahl der Autoren wie bei den Verarbeitungsmaßstäben bewiesen, wie er besonders im Genrebereich bei den großen Verlagen heutzutage ganz offensichtlich nicht mehr vorkommt).
Jolly good, wie sie ihr-wißt-schon-wo sagen.
Dietmar Dath

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