AMBER BENSON
 
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Portrait
Interview
 

Amber Bensons "Buffy"-Comics
Leute mit schneller Schreibhand fühlen sich als Comicautoren wohler als in anderen zweidimensionalen Medien. Amber Benson kennt sich damit aus – sie hat, unter anderem, drei Comics geschrieben, die mit der "Buffy"-Welt zu tun haben.
"The Innocent", gezeichnet von Ted Naifeh, gehört zum "Tales of the Slayer"-Zyklus, der Joss Whedons Slayer-Mythologie mehrere Jahrhunderte in Vergangenheit und Zukunft verlängert. Ambers Kurzgeschichte spielt im Frankreich der Revolutionszeit und erzählt auf bescheidenen acht Seiten eine bewegende kleine Geschichte über Rache, Verlust, Klassenkampf, Vertrauen, Betrug und die Sorte Vampir, die nicht zu grünlichem Staub zerfällt, wenn man sie pfählt. Mit anderen Worten, das Ding fühlt sich an wie die "Geschichte aus zwei Städten" plus Bigelows "Near Dark", oder etwas Bram Stoker, wenn der je nach übertrieben ausführlicher Carlyle-Lektüre eine "Angel"-Rückblicksszene geschrieben hätte. Der "Tales of the Slayers"-Paperback von Dark Horse, in dem man diese coole Geschichte findet, enthält ansonsten überdurchschnittlich gelungenes Zeug von einigen der besten Autorinnen und Autoren der Show, darunter Whedon selber, David Fury und Jane Espenson, und darüber hinaus Zeichnungen von P. Craig Russel sowie dem legendären Typen, der Dracula fürs Comicmedium neu erschaffen hat, dem großen Gene Colan.
Weiter im Text: es gibt zwei "Willow & Tara"-Comics, an denen Amber mitgearbeitet hat; wovon das zweite wiederum zwei Teile hat, aber vergessen wir die Arithmetik und reden wir von zwei Heften statt drei, OK?
Ihr Co-Autor bei beiden ist Christopher Golden, der mit ihr auch das animierte "Ghosts of Albion"-Projekt für die BBC geschrieben hat und mit dem sie zwei Romane, die in der "Ghosts"-Welt spielen sollen, für den SF-Verlag Del Rey schreiben wird. Golden hat zahlreiche Bücher in allen möglichen Genres verfasst, von Horror bis Teen-Krimi, ist Popjournalist und Comic-Profi, aber auch Autor mehrerer "Buffy"-Romane (eins davon, "Immortal", zusammen mit Nancy Holder geschrieben, gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Charisma "Cordy" Carpenter). Die besten unter diesen sind wahrscheinlich der Spike&Dru-Roman "Pretty Maids all in a Row" und die vierteilige "The Lost Slayer"-Parallelweltgeschichte. Golden weiß genau, wie Whedons überlebensgroße und doch lebensechte Figuren funktionieren, spielt mit Formen von King bis Lovecraft und kriegt (in "Wisdom of War") den trügerisch einfach wirkenden, aber nicht leicht zu treffenden Tonfall von Faith fast so gut hin wie Holder im "Book of Fours".
Wenn er über Tara schreibt oder sie sprechen lässt, klingt das liebenswert, rührend, nachdenklich und... na ja, Tara eben. Sie ist es wirklich.


Die Comics sind natürlich was anderes, und gefallen mit nicht gleich gut: "Wannablessedbe", entstanden in Kollaboration mit dem Schöpfer des Indiehits "Strangers in Paradise" Terry Moore, kommt mir weniger gelungen vor als "Wilderness", gezeichnet von einem Menschen namens "AJ", und mit Tinte finalisiert von Derek Fridolfs. Das liegt wahrscheinlich an persönlichen Vorlieben – es kommt mir aber jedenfalls so vor, als ob Willow und Tara dadurch, daß Moore gar nicht anders kann, als sie wie zwei seiner eigenen Gestalten aussehen zu lassen – ich meine keine Merkmalsähnlichkeit, sondern einfach den Strich, die Perspektive, das Design etc. – plötzlich zu papierernen Gestalten werden, während die cartoonartige, karikaturenhaftere Herangehensweise des "Wilderness"-Künstlerduos abstrakter, cooler wirkt und die Ablenkungsgefahr "So sehen die doch gar nicht aus" geschickt umschifft.
Benson und Golden haben allerdings bei beiden Projekten keine Schwierigkeiten mit ihrem Anteil an der Arbeit: Sie treffen den Ton eines der romantischsten, glaubwürdigsten und sympathischsten Liebespaare der Fernsehgeschichte (klingt fast weniger gut, als es ist, wenn man es so hinschreibt, egal) vollkommen, ganz unaufdringlich sicher, die jeweilige Geschichte wird nicht mit Mätzchen verdunkelt, es geht auf.
Bei "Wannablessedbe" geht’s um ein Mädchen, das mit okkulten Mächten rumspielt und darüber in Schwierigkeiten gerät, sozusagen eine mildere "Amy"-Version. Das Heft wirkt fast wie ein Probelauf, wenn man "Wilderness" daneben hält: hier retten W&T einen Wald bzw. dessen "Herz", was immer das ist, schlagen sich mit einem tolkienhaften Hippieholzteufelbaum rum, bringen Dawn in Sicherheit, turteln, wie wir’s haben wollen, und deuten einige Verhaltensweisen und Charakterzüge an, die wir aus der Show kennen und die dort ein bißchen prononcierter und extremer untersucht werden (das deutlichste Omen ist die Stelle, wo Willow irgendwelchen Feenviechern androht, sie alle umzubringen, wenn sie Tara nicht in Ruhe lassen). In der nur noch relativ schwierig erhältlichen Originalausgabe von "Wannablessedbe" ist ein kluger Essay von Amber abgedruckt, der davon handelt, wie das für ein Mädchen ist, sich von der ziemlich nerdbeherrschten Comicwelt ausgegrenzt und sogar ein bißchen abgestoßen zu fühlen, nur um dann entdecken zu dürfen, daß man mit dem Medium ziemlich viel machen kann, wenn man einen hellen Verstand hat.
In meinem zweiten "Wilderness"-Heft ist außerdem eine "Firefly"-Anzeige abgedruckt, bei der man schon melancholisch werden könnte. Tscha. Jedenfalls bekommt man ALLE W&T-Comics, von denen hier die Rede war, plus den Essay, wenn man sich den Dark-Horse-Paperback "Willow and Tara" kauft, also bitte. [Sehr wichtiger Zusatz für kritische deutsche Leser: Bäh! Kulturindustrie, Werbung, Geld, Kaufen, so was Gemeines! Du mich auch].
Dietmar Dath


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