AMBER BENSON
 
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Interview
 

Director’s Cut
Interview mit Amber Benson
7.12.2003, Offenbach
1. Magie, Multitasking und Motivation

2. Film, Fernsehen und Familie
3. Die Sache im Griff haben
4. "Chance", Sex und Macht
5. Die technischen Einzelheiten der Inspiration
6. Lesen, Zusammenarbeiten & Zuhören


Reden wir über Magie – nicht Taras, sondern Chances. Anne Sexton schreibt, Leute seien "Magie, die mit sich selber redet". Auch Agnostiker können dagegen nichts haben, wenn’s ein Künstler sagt – in deinem Film, der sicher kein explizites Fantasy-Ding ist, kommt dieser Zustand in mehreren Momenten vor: Der Tofu-Mesmerismus, oder wie man Sterne an der Zimmerdecke zählt, oder das zaubrische Vermögen der Worte Shakespeare’s, ein seltsames Paar wieder zusammenzuführen. Wie viel bei dergleichen magischem Realismus ist für dich Realismus, wie viel ist Magie?

Ich lebe so, daß dabei die Vorstellung zum Tragen kommt, diese Sorte "magischer Realismus" – wenn du das so nennen magst – sei einfach wahr: Es gibt Magie auf der Welt, vielleicht nicht so, daß man irgendwelche Zaubersprüche aufsagt und dann passiert was, aber vielleicht in der Art, daß wir Leute auf unklare Weise beeinflussen, daß wir Sachen unmittelbar verändern können. Ich bin mit den Büchern von Gabriel Garcia Marquez aufgewachsen: man begibt sich da in was, das zwar wirklich ist, aber eben auch voller "Was wäre, wenn...?" Man läßt das offen, diese Frage. Sogar die Physik redet darüber, daß alle möglichen Welten koexistieren, parallel. Ich denke, unser Leben ist einfach der Anwendungsfall dieser: es gibt eigentlich alles, wir müssen uns da andocken, wo wir uns andocken möchten.

Geschichten sind wahr, auch wenn sie nicht wirklich sind.

Sie können ja unwirklich sein, aber nicht an sich verkehrt.

Harlan Ellison sagt immer: kein guter Film wurde je nach einem miesen Drehbuch gedreht. Du kommst ja von "Buffy, the Vampire Slayer", einem der textorientiertesten visuellen Kunstwerke, die es gibt – wer hat denn das Kommando in deinem eigenen inneren Studio: Die Autorin, die Regisseurin, die Schauspielerin? Schaltet das um, gibt’s Multitasking?

(Störender Krach)

Naja, vielleicht eine Art von Multi- äh Dings... Es fällt schwer, sich hier zu konzentrieren, mein Hirn befindet sich sowieso schon an fünf verschiedenen Orten gleichzeitig. Also, da ich ja von "Buffy" komme... das hat sich immer sehr an den Autorinnen und Autoren orientiert, und so habe ich dort einen Haufen Zeit mit diesen Leuten verbracht, mit Joss und Marti Noxon, einfach, weil mich deren Köpfe so fasziniert haben, ihre Arbeitsweise. Besonders Joss, also das ist einfach ein sehr begabter Mensch. Man weiß sofort, daß man ein Drehbuch von ihm in der Hand hält, wenn es so eine seltsame intuitive Qualität hat, wenn es verrückt ist und interessant: man liest und...

Man weiß nicht, worauf’s hinausläuft.

Genau. Man hat das Gefühl, das alles passiert einem gerade, es ist so wirklich, wie’s nur geht, obwohl es all diese Vampire und Magie und Gottweißwas drinhat. Es macht den Eindruck, als könnte man’s wirklich erleben, weil es diese Intuitionen mitteilt darüber, was das eigentlich ist, so ein Mensch. Bei mir selber wiederum ... Ich betrete den Set und hab dieses Ding geschrieben, und ich möchte natürlich so viel wie möglich von dem, was ich geschrieben habe, dort umsetzen, wenn ich’s mit den Schauspielern und den Leuten von der Crew und so fort zu tun kriege, aber ich habe rausfinden dürfen, wenn man nicht offen ist für Kompromisse, wenn man anderen Leuten nicht zuhören kann, dann entgeht einem viel. Ich denke, das war auch gut an "Buffy": Obwohl Joss derjenige war, der wusste, was passieren würde, war er trotzdem offen für Beiträge anderer.

Auch von Schauspielern?

Von allen. Es war eine sehr offene Veranstaltung. Wir sind an Wochenenden zu ihm nachhause gegangen, weißt du, haben zusammen Shakespeare gelesen, solche Sachen. Er hat Sachen aufgegriffen, die man im Gespräch zu ihm gesagt hat, und hat sie manchmal in seine Drehbücher eingearbeitet, das war schon seltsam.

Nur bei der Figur, die man selber spielen sollte, oder...

Alle Figuren, kreuz und quer, wo es grad gepasst hat.

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