AMBER BENSON
 
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Interview
 

Director’s Cut
Interview mit Amber Benson
7.12.2003, Offenbach
2. Film, Fernsehen und Familie

1. Magie, Multitasking und Motivation
3. Die Sache im Griff haben
4. "Chance", Sex und Macht
5. Die technischen Einzelheiten der Inspiration
6. Lesen, Zusammenarbeiten & Zuhören


Ich habe mir ein paar der Spielfilme angeschaut, in denen du mitspielst – da gab’s "King of the Hill", und natürlich "The Prime Gig", wo wir nicht mal eine vollständige Szene mit dir im Mittelpunkt kriegen, obwohl du einmal die Szene kassierst, mit diesem Grinsen. Möchtest du was über die Unterschiede zwischen Film- und Fernseharbeit erzählen?

Also: bei Filmen kann man länger probieren und sich die Figur erarbeiten, über einen längeren Zeitraum, während man bei "Buffy" einfach reingeschmissen wurde. Man braucht beim Film – und bekommt manchmal sogar – drei Monate, um diesen Ort zu betreten, sich wohnlich zu machen, diese Filmwelt. Bei "Buffy" hatte ich drei Jahre, aber ich wurde jedes Mal wieder neu reingeschmissen, man muß die Figur dann einfach erschaffen (schnippt mit den Fingern), das Gefühl so erzeugen (schnippt), es gab keine Proben. Man geht rein und macht’s. Manchmal überwältigt einen das. Ich kenne viele Schauspieler, die sich sehr gern vorbereiten, sehr gerne lange an der Sache arbeiten. Das geht aber beim Fernsehen nicht, denn man kriegt das Drehbuch am Abend vorher, es ist einfach keinerlei Zeit dafür vorgesehen. Ich habe noch andere Fernsehsachen gemacht, bißchen kleineres Zeug, winzige Gastauftritte hier und da, aber nichts, das so intensiv war. "Buffy" ist wirklich, als ob man einen kleinen Film dreht – nur ohne die Zeit. Man kriegt acht Tage, fertig. "Buffy" ist eine der sehr wenigen Shows, die auf 35mm-Film gedreht werden. Die meisten werden auf 16 oder High Definition gedreht. "Buffy" hat man auf 35mm gedreht und dann auf Video überspielt. Das hat Auswirkungen auf die Qualität, darauf, wie das Ding aussieht, es wird dadurch dunkel und schön und reichhaltig.

Aktuelle und mittelfristige Filmprojekte? (Inzwischen, i.e. Ende Januar 2004, ist in den USA ein Film mit Joey Gordon-Levitt , Erik Palladino, Rob McElhenney und AB angelaufen, in dem es um eine Liebesgeschichte zwischen einem homosexuellen Party-Animal und einem mormonischen Missionar geht: "Latter Days": www.latterdaysmovie.com)

Ich habe gerade in einem Independent-Film namens "Held Together" gespielt, den wird man an den üblichen Independent-Orten sehen können. Hier in Europa befinden wir uns in der Pre-Production-Phase für einen neuen Film, den wir im Sommer in Manchester drehen werden, der nennt sich "Watchful Eyes". Das ist so ein futuristisches Krimi-Drama, ich darf Leute erschiessen, es ist sehr aufregend.

Die meisten Leute, die "Chance" bestellt und gesehen haben, wissen wahrscheinlich, wie hingebungsvoll dich deine Familie unterstützt. Klingt nicht sehr nach Hollywood. Wie formt diese Unterstützung deine Kunst?

Schau dir Kunst im Laufe der Jahrhunderte an, und du siehst diese Leute, die sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Sie hatten, tja, weißt du, ihre Mäzene. Die kauften ihnen ihre Erzeugnisse ab oder gaben ihnen Geld oder Obdach, so daß die Künstler weiter Kunst machen konnten. Heute gibt’s das nicht mehr. Heute kämpfen die Leute damit, sich ihren Lebensunterhalt als Künstler zusammenzukratzen, und müssen irgendwelche anderen Jobs annehmen. Sie leiden drunter, weil sie finanziell als Künstler nicht überleben können. Ich habe dieses Supportsystem, bei dem ich machen kann, was ich will, und um mich sind diese Leute, die sich verhalten, als wären sie meine Mäzene.

Könige von Frankreich.

Genau. Meine Mutter, meine Schwester, mein Dad: meine Familie, das Fürstentum Benson. Wenn man die Unterstützung der Leute in der unmittelbaren Umgebung genießt, gerät man nicht so leicht in Versuchung. Ich muß nicht mit Drogen oder Alkohol oder anderen Arten der Flucht vor mir selbst experimentieren. Ich muß mir nicht das Hirn rausblasen, um kreativ zu sein. Ich weiß, was ich will, ich werde unterstützt, und ich bin nicht beunruhigt, weil ich Kunst mache, ich mache mir keine Sorgen deswegen.

Wann und wie hat diese Laufbahn angefangen?

Ich mache das hier, seit ich ein kleines Mädchen war. Theater, Tanzen... so hat’s angefangen. Das Tanzen hat mir keinen Spaß gemacht, aber der Applaus. Und es gab immer, und gibt noch, ein Bedürfnis, was zu erschaffen, allerdings kann das ganze Zeug, das so einen Schöpfungsprozess begleitet, einen ein bißchen fertigmachen.

"Chance" scheint mir einer der ganz wenigen Filme, Comics, Romane, eines der paar Kunstwerke über post-adoleszente Angelegenheiten zu sein, in denen versucht wird, die Erfahrung der Eltern zu begreifen. Normalerweise sind die Alten bloß die Folie, lauter Trottel, die sich nur immer einmischen...

Da meine eigene Situation die ist, daß ich mit meiner Familie auf bestem Fuß stehe, schauen mich sehr viele Leute, die ich in Hollywood kenne, immer an und sagen: Sag’ mal, was stimmt eigentlich bei dir nicht, daß du 26 Jahre alt bist und immer noch zuhause lebst, deiner Mutter nahe stehst und deiner Schwester und deinem Vater? Und ich sage denen dann: So war das doch jahrhundertelang. Die Leute haben mit ihren Familien gelebt, es gab diese riesigen Großfamilien, die zusammengearbeitet haben, um zu überleben. Heute kriegst du das Gefühl, du müsstest diese Beziehungen aktiv zerstören, um unabhängig zu sein. Aber Unabhängigkeit als solche ist nicht unbedingt etwas, das dich stärkt, sie kann es auch unmöglich machen, zu tun, was du willst, weil du nur noch damit beschäftigt bist, ums Überleben zu kämpfen. Niemand hilft dir.

Und dann bist du leicht zu manipulieren. Man lässt dich durch Reifen springen.

(D.Benson: Aber wir haben dich schon ermuntert, unabhängig zu sein).

Klar, aber diese Art Unabhängigkeit meine ich nicht – bei mir gibt’s Autonomie, Selbststeuerung, Eigenveranwortlichkeit. Daß einem kein anderer ins eigene Leben reinregiert, denn das ist natürlich was ganz anderes als Unterstützung. Niemand regiert in mein Leben rein. Wir arbeiten zusammen, damit die Farm floriert, es ist wie wirklichkeitsorientierter Kommunismus.

"Wirklichkeitsorientierter Kommunismus": klingt schon wieder wie "magischer Realismus".

Gibt’s bei uns zuhause.

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