AMBER BENSON
 
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Portrait
Interview
 

Director’s Cut
Interview mit Amber Benson
7.12.2003, Offenbach
4. "Chance", Sex und Macht

1. Magie, Multitasking und Motivation
2. Film, Fernsehen und Familie
3. Die Sache im Griff haben
5. Die technischen Einzelheiten der Inspiration
6. Lesen, Zusammenarbeiten & Zuhören


Es steckt noch mehr "Buffy" drin: der Club, das ist das "Bronze", stimmt’s?

Ja, und Joss hat uns einen Song geschrieben – die Eröffnungsnummer, "Burn it down", Grant hat die übrigen Songs geschrieben. David Solomon hat uns die Technik geliehen. Das war im Sommer, nachdem wir mit der "Buffy"-Staffel fertig waren, die Nachbearbeitung fing in der Pause an, aber gedreht haben wir parallel zu "Buffy". Genaugenommen war das zu der Zeit, als Glory mir das Hirn rausgesaugt hatte – da haben wir gefilmt.

Deshalb hat Simon Spikes Haare.

An den Haaren konnten wir nix machen, wir mussten ihn nehmen, wie er war. Wir haben uns noch drüber unterhalten: Diese Haare passen nicht zu Simon. Sie passen auch nicht zu James, denn er hat sehr dunkle Haare, das ist ganz merkwürdig, wenn man ihn so sieht, mit seiner normalen Haarfarbe. Ähnlich absurd wie wenn man ihn zum ersten mal trifft und er mit amerikanischem Akzent spricht – etwa so, wie wenn Tony (Anthony Stewart Head) seine Rocky Horror-Prachtuniform anzieht und singt. Es ist schön und wunderbar, aber es irritiert einen doch. Die Wirklichkeit ist halt verschieden. Und Simon ist sehr verschieden von Spike. James ist sehr gut bei komödiantischen Sachen – man hat das bei "Buffy" ein bißchen genutzt, aber nicht erschöpfend. Er ist so lustig, ich hatte ja keine Ahnung. Man sieht den Humor an Spike, aber das ist sehr trockener, sehr finsterer Humor, während es hier um sehr forschen Humor geht. Naja, zur Geschichte zurück: alle waren also sehr hilfreich, haben uns unterstützt, uns Nachlässe gegeben, bei den Soundsachen mit sich reden lassen...

Und es gibt Gastauftritte von "Buffy"-Leuten. David Fury ist dabei...

Ja, und Nick Brendons Frau, Tressa Di Figlia. Sie spielt das tote Mädchen. Ich habe ihn immer aufgezogen: Ich hab’ deine Frau-hau geküsst!

Schöne Überleitung zur Sexfrage: Wie schaut’s aus mit der Homophobie in Hollywood? Hat sich seit Ellen DeGeneres’ Coming Out was gebessert?

Das ist schwer zu sagen. Bei ihr war es halt folgendermaßen: Hey, hier bin ich, ich mache, was ich mache, mir egal, was ihr denkt. Aber in mancherlei Hinsicht hat es ihre Fernsehkarriere zerstört, beim braven Amerika. Nicht als Standup-Comedian oder bei dem, was sie jetzt macht, aber...

Es gibt größere Gegenden in den USA, wo sie Jill Sobules "I kissed a girl" nicht im Radio spielen, hört man.

Die Stadt, aus der ich komme, Birmingham in Alabama, hat die "Puppy Episode" von "Ellen" nicht gezeigt. Wurde einfach nicht gesendet. Falls jemand den großen Sprung verpasst hat – wie bitte, ist die jetzt auf einmal lesbisch oder was? Wer ist das? Was geht hier vor? Mir kommt das sehr seltsam vor. Mich hat "das Problem" nie gestört. Ich fühlte mich einfach gesegnet, daß ich diese Figur spielen, diese Tür eintreten durfte. Aber es geht nicht um irgendwas Aufreizendes dabei: zwei Leute, das war die große Sache, über die Joss und Alyson und ich und die ganze Gruppe geredet haben – wir wollten sicherstellen, daß es nicht um was Sensationalistisches ging, um ein Gimmick, es ging um eine Beziehung zwischen zwei Leuten, hätte jedes Geschlecht sein können, jede Hautfarbe, jede Religion. Zwei Menschen, die sich lieben, und ich glaube wirklich, daß es die stärkste, die beste Beziehung bei "Buffy" war. Ich meine, sie haben sich um Dawn gekümmert! Die beiden Lesben haben den Teenager großgezogen.

Und Dawn war so glücklich, als sie sich versöhnt haben. Sogar Spike hat das beschäftigt, als er sagt:"The birds are flying again". Es berührt jeden, er reißt einen Witz, aber...

An jedem Witz hängt eine Wahrheit. Es ist interessant – im Rückblick muß ich sagen, es hat mir durchaus auch geschadet, als Schauspielerin. Nicht, daß ich jetzt grundsätzlich in einer Schublade stecke, aber es tut einem nicht gut, wenn sie einen für was casten wollen und dann sagen sie: Oh, schade, wir können dem Durchschnittsamerikaner diese Person nicht mehr zumuten, denn, na ja, wisst ihr... es ist eine pawlowsche Geschichte. Sie bringen einen mit dieser homosexuellen Figur in Verbindung, auf einmal ist das alles, was du bist. Und man kann dich dem Durchschnittsamerikaner nicht mehr zeigen, denn alles, was du bist, ist die Lesbe aus "Buffy".

Die lesbische Hexe.

Yeah. Das auch noch. Andererseits, es hat sich schon vieles gebessert, es war immer nur schlechter. Und ich werde weitermachen mit dem, was ich machen will.

Nochmal zur Machtfrage: Wenn man sich Regisseurskarrieren so anschaut, liegt der künstlerische Mehrwert immer in Richtung von Machtzuwachs. Der späte Kubrick konnte sich alles erlauben: Tom Cruise durch einen Besenstiel ersetzen...

Und drei Jahre darauf verwenden, dem Besenstiel beizubringen, das zu tun, was von ihm verlangt wurde.

Möchtest Du das auch, mehr Macht?

Yeah, selbstverständlich. Obwohl, also mal sehen: Woody Allen zum Beispiel. Muß sich vor niemandem mehr verbeugen. Kann machen, was er will: ihr braucht mich, ich brauche euch nicht. Andererseits: von so was wird man manchmal selbstgefällig. Als ob man überhaupt nicht mehr zu arbeiten braucht. Woody Allens Arbeit: mal klappt sie, mal nicht, manche Sachen sind wunderbar, andere ganz scheußlich. Und man merkt, es liegt daran, daß ihm keiner mehr sagt: Das hier ist Kappes, laß es bleiben. Ich würde diese Kritikfähigkeit ungern einbüßen, ich glaube, Bergman hat es richtig gemacht: da gibt es diese Gruppe von Leuten, mit denen er arbeitet, und er wechselt, macht Film und Theater, so was würde ich gern tun, man kontrolliert die Sachen, aber es ist nicht luftdicht abgeschlossen. Sobald man so eine Gallionsfigur hat, sobald jemand zu mächtig wird und nicht mehr weiß, wie man mit anderen zusammenarbeitet, stirbt der kreative Prozeß ab. Ich habe zum Glück diese Leute- nicht nur die Familie, auch meine Freunde – Leute, mit denen nicht gerne arbeite, auch welche von "Buffy". Man sammelt diese Leute gleichsam, während man sein Ding macht, man findet welche, mit denen es klappt, und man arbeitet immer wieder mit denen, weil sie kapieren, was man will. Es ist manchmal allerdings doch recht schwierig, sich diese Offenheit zu bewahren, wenn man Autorin ist, besonders, wenn man lustige Sachen schreibt. Witz ist etwas Besonderes: man muß die Sachen auf eine bestimmte Weise bringen, damit die Pointe sich durchsetzt. Wenn man es falsch aufsagt, fällt es in sich zusammen, der Witz ist weg. Als ich also zugeschaut habe, wie die Leute "Chance" gespielt haben, war ich nur in einer Hinsicht absolut unnachgiebig: wenn es einen Witz gab, dann mussten sie’s so sprechen, wie ich wollte. Es war nötig, auf der Vortragsweise zu bestehen. Ansonsten aber: laß die Schauspieler ihr Ding machen. Manchmal fällt’s schwer, man denkt: Oh, Mensch, so hatte ich mir das nicht gedacht. Es klingt anders – aber immer wieder dann eben auch besser. Da was erzwingen zu wollen, ist nie hilfreich.

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