AMBER BENSON
 
Reviews
Portrait
Interview
 

Director’s Cut
Interview mit Amber Benson
7.12.2003, Offenbach
5. Die technischen Einzelheiten der Inspiration

1. Magie, Multitasking und Motivation
2. Film, Fernsehen und Familie
3. Die Sache im Griff haben
4. "Chance", Sex und Macht
6. Lesen, Zusammenarbeiten & Zuhören


Der Rhythmus des Films ist sehr raffiniert – zuerst weiß man nicht, was überhaupt los ist. Der Moment, da’s für mich einrastet, ist der im Auto. Jemand zwingt dir seine Gefühle auf, es wird klaustrophobisch, ein Frontalangriff auf den Zuschauer, und man muß einfach lachen. Nicht, weil das da Idioten sind, sondern im Sinne von: Genau, das kenne ich, wenn man mit jemand gleichsam im Fahrstuhl feststeckt, mit seinen Gefühlen.

Und man KOMMT... EINFACH.... NICHT... RAUS. Das Lustige daran ist allerdings, daß ich, als ich es ursprünglich geschrieben habe, nicht daran dachte, in dieser Szene mitzuspielen. Ich dachte dabei an ganz andere Leute, weil diese Frau da dem ganz fremd gegenübersteht, wie ich mein Leben lebe. Ich bin ganz anders als sie. Ich bin viel eher wie Simon. Simon ist ich. Dieser Tic mit der Zählerei – ich bin eine Zwangszählerin, Punkte an der Decke, ich fühle mich mit meiner Umwelt verbunden, zufrieden und geborgen, wenn ich Zeug abzähle. Auch dieser Countdown, als er vor der Mikrowelle steht: mir wird’s halt langweilig, da habe ich dann was zu tun. Außerdem frage ich mich dauernd: äh, rieche ich schlecht? All diese kleinen Macken, die Simon hat. Er ist ich. James ist ich. Er hat das wirklich sauber hingekriegt, ich zu sein. Ich dachte: so bin ich, yeah.

Das kommt sogar im Film vor: der Identitätstausch...

Mmmja, genau. Das war komisch, stimmt’s, wie sich das ergeben hat? Ich hatte es eigentlich im Drehbuch als einen dunkleren Moment angelegt. Wir haben es dann einfach durchgezogen – alles stand zwar im Buch. Aber so war es am Drehort überhaupt: wir probieren das jetzt mal. Alle haben einfach irgendwelche Sachen ausprobiert. Ich wollte natürlich unbedingt am Drehbuch kleben bleiben, weil ich Dialoge so liebe. Für mich sind sie das wichtigste an jedem Film.

Klar, die echte action ist Reden, man erlebt ja selten Autoverfolgungsjagden oder Schießereien.

Ich habe noch nie eine Autoverfolgungsjagd erlebt, da kenne ich mich nicht aus. Der Film sollte eine dunkle Komödie werden. Sogar sehr dunkel, und dann fingen wir an zu filmen, und ich hatte all diese Leute gecastet – sie sind nicht kantig oder finster, das sind halt echte Menschen, und dann ist irgendwie... die Figuren haben das Ding übernommen. Es wurde etwas völlig... wir haben uns die Rohschnitte angeguckt, und die Leute haben gelacht, und ich dachte so bei mir: Hmmm. Sollte ja alles durchaus lustig sein, aber nicht zum laut Loslachen, ich war wirklich schockiert. Weißt du, wenn man jemanden wie Christine Estabrook da hinstellt, die in Yale war und aus einer sehr absurden Theaterschule kommt- wenn man so jemanden dabeihat... die Frau ist ein komisches Genie, und dann kriecht sie einfach unter die Couch. Das war ihr Ding. Es stand nicht im Drehbuch. Leute machen so was wirklich: Man versteckt sich, wenn dich was fertigmacht, versuchst du, irgendwie abzuhauen. Man verkriecht sich in der Tasse Kaffee.

Was passiert in so einem Moment beim Dreh, wenn jemand auf diese Art improvisiert?

Wir wären fast gestorben. Die Leute haben sich Gewalt angetan: lach jetzt nicht, lach bloß nicht. Und als es vorbeiwar, sind wir hysterisch rumgehüpft, weil schaut euch mal diese Frau an, diese erwachsene Frau, wie sie da in die Couch reinkriecht. Und von da ging es dann weiter mit der Szene, wo sie weint und fix und fertig ist... sie hat den Rohschnitt gesehen und gesagt: Oh je, die ganze Sache wirkt verlangsamt, ich hätte mich nicht so auflösen dürfen, und ich sage zu ihr: Was redest du denn da, das ist doch der Moment, wo wir plötzlich wirklich eine Verbindung zu Chance kriegen und kapieren, wie sie drauf ist. Dieser Moment, und der mit den Insekten am Ende, das sind die zwei echten Augenblicke, wo wir eine Pause kriegen, wo der Spaß aufhört und es um was geht. Diese erstaunlichen Komödianten kamen rein, haben die Sache übernommen, und so wurde daraus etwas, was ich nie vorausgesehen hatte, diese ganze Slapstick-Oper.

Zu der die Shakespeare-Episode wunderbar passt, die ist herrlich. Das war auch improvisiert, habe ich gelesen. Shakespeare hat ja diese furchtbare Aura...

Ja, aber es war immer was für’s niedere Volk dabei, voller Farce, und heute ist es was für die Professoren, aber damals hatten die Sabberer in der ersten Reihe auch was davon.

Wie bei Dickens.

Der in Fortsetzungen erschien.

Wie "Buffy". Wußtest Du, daß es nicht nur jede Menge Dickens in "Buffy" gibt, sondern auch Buffy bei Dickens? Der Name spielt eine politische Rolle.

Echt?

Es steht in "Bleak House", da heißt ein Politiker so: der ehrenwerte William Buffy, M.P.

Wundert mich gar nicht. Joss liest sehr viel. Sein Haus ist vollgestopft mit Büchern – wenn ich dort war, hieß es immer: kann ich das mal leihen, bitte?

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